Von Bärendienstleistern und Selbstdarstellern.

Am Montag schrieb Johannes Waldschütz auf gruenesfreiburg.de über Scheinfragen, Störungen und den Bärendienst bei den Podiumsdiskussionen zur in gut einem Monat stattfindenden Oberbürgermeisterwahl in Freiburg. Der Tenor: parteiisches Applaudieren, minutenlange als Frage getarnte Kommentare und Störungen aller Art schaden dem jeweils vermeintlich unterstützten Kandidaten mehr, als das sie nützen. Zum Beispiel:

In Worte gefasst hat das bei der letzten Podiumsdiskussion Dieter Salomon, der seine Antwort auf die fünfminütige Frage von WIR-Mann Martin Klauss mit den Worten „wollen Sie es nicht mal lassen, Sie geben mir jedes Mal eine Steilvorlage?“ beendete.

Da Simone Lutz in der Badischen Zeitung gerade heute die vielen Podiumsdiskussionen als hohe Leidensfähigkeit erfordernden Veranstaltungsmarathon darstellt kommt mir noch ein weiterer Gedanke zur vollkommen richtigen und berechtigten Kritik auf gruenesfreiburg.de: Wozu sind diese vielen Podiumsdiskussionen denn eigentlich da? Simone Lutz schreibt unter anderem:

Wer die Kandidaten selbst kennen lernen will, geht zu Podiumsdiskussionen.

So sollte es eigentlich sein, ja. Der eingangs erwähnte Bärendienst wird nicht nur den Kandidaten geleistet, sondern auch den Wählerinnen und Wählern, denen die Besuchsmöglichkeiten bei Podiumsdiskussionen wegmobilisiert werden, etwa durch Aufrufe wie den folgenden zur Podiumsdiskussion von BZ und SWR im Paulussaal am 25.3.:

Diese Podiumsveranstaltung im Paulussaal ist vielleicht die Wichtigste.

Bitte mobilisiert so gut ihr könnt. Da MÜSSEN wir in der Mehrheit sein!
Das wird die Veranstaltung, über welche die BZ am ausführlichsten
berichten wird.

Wir wollen ein richtig starkes Bild abgeben – und viele unangenehme
Fragen an Salomon und gute Fragen an Günter stellen!

Dieser Aufruf an die WiR-Leute, unterzeichnet von „Martin“ (Klauss?), existiert sicherlich bei den UnterstützerInnen der anderen Kandidaten in ähnlicher Form, sonst käme es ja nicht zu diesem Wettbewerb, der es dem Ottonormalfreiburger so schwer macht, einen sinnvollen Sitzplatz bei einer der Diskussionen zu ergattern. Damit ergeben die nicht weniger als 22 Veranstaltungen dieser Art kaum noch Sinn, wenn sie vor Publikum stattfinden, das größtenteils schon fest für einen Kandidaten entschieden ist. Einzig ein Veranstaltungsort mit so vielen Plätzen wie der Paulussaal bietet noch genug Platz für, so fühlt es sich schon fast an, ein paar noch unentschiedene Wahlberechtigte am Rande. Vielleicht sollte Rausch die von ihm vorgeschlagene Bürgerversammlung in der Rothaus-Arena als Podiumsdiskussion vorverlegen, damit die von ihm insbesondere angesprochenen NichtwählerInnen und kleinen Leute auch mal die Chance haben, seinen Worten zu lauschen. Sie sind nämlich zufälliger Weise auch eine der Gruppen, die die in den vielfältigen Onlineangebote bis hin zu Videos von Podiumsdiskussionen bestehende Alternative (wie z.B. auf dem hervorragenden Portal ob-wahl-freiburg.de) am ehesten nicht nutzen (können) werden.

Falls es mit der Rothaus-Arena so schnell nicht klappen sollte, wäre vielleicht eine Übereinkunft zwischen den drei Wahlkampfteams wünschenswert, die Anzahl der Claqueure zu deckeln (Störfragen und dergleichen zu unterlassen sowieso) und so die Podiumsdiskussionen wieder ihrem eigentlichen Zweck zuzuführen. Das ist nämlich der Wahlkampf der Kandidaten. Und nicht die Selbstdarstellung einiger Anhänger.

Update (26.03.2010): Ein Tweet nach besagter Podiumsdiskussion, ohne weiteren Kommentar:

@DerJaaan: Die Podiumsdiskussion war sehr gut auch wenn sich wieder einige Teilnehmer im Publikum nicht unter Kontrolle hatten. #obfr2010 #DKP :D