Offener Brief an geschlossene Uni.

Ein von zwei Hiwis (am Lehrstuhl für internationale Politk und dem Büro der Gleichstellungsbeauftragten) initiierter offener Brief ging heute an die Universität Freiburg. Darin wird Kritik an einer Mitteilung der Uni bzgl. der für Montag angekündigten Großdemonstration gegen den NATO-Gipfel geübt.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität Freiburg, liebe Dozierende und Studierende,

mit Befremden haben wir festgestellt, dass einige von uns am Freitag, den 27.03.2009, auf dem Dienstwege eine E-Mail erreichte, welche die für Montag, den 30.03.2009, angekündigten Demonstrationen im Zusammenhang mit dem NATO-Gipfel zum Thema hat. In der an die Philosophische Fakultät adressierten E-Mail wird davor gewarnt, dass es „durch gewaltbereite Teilnehmer zu Gefährdungen und Behinderungen kommen kann.“ Zudem wird auf eine Mitteilung der Universität Freiburg verwiesen, in welcher „um erhöhte Aufmerksamkeit“ im Universitätszentrum gebeten wird. 
Auch von anderen Fakultäten wissen wir, dass vergleichbare E-Mails versandt wurden, in denen teilweise sogar den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angeboten wurde, aufgrund möglicher Ausschreitungen und Behinderungen ab 14:00 in den „Freizeitausgleich“ zu gehen. 
Auf Nachfrage teilte die Pressestelle der Universität Freiburg mit, dass diese „Warnung“ ohne weitere Prüfung von der Polizei übernommen und verbreitet wurde. 
Uns irritiert diese unkritische Übernahme einseitiger Interpretationsmuster zutiefst. Durch die o.g. „Warnung“ wird der Demonstration als Ganzer, wie auch einer möglichen Teilnahme an dieser, implizit ein illegitimer Charakter zugesprochen.    
Wir erhoffen uns von einer wissenschaftlichen Institution, die nicht zuletzt kritische Meinungsbildungsprozesse befördern soll, dass sie sich nicht zum Spielball polizeistrategischer Interessen macht, sondern die notwendige Neutralität wahrt. 
Eine kritische und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem NATO-Gipfel, den damit einhergehenden Grundrechtseinschnitten, wie auch eine kritische Auseinandersetzung mit den Protesten hiergegen, würde einer Universität eher zu Gesichte stehen als ein vorauseilender Gehorsam gegenüber externen Institutionen, gleich welcher Art. 
Wir hoffen, mit diesem Brief eine kritische und einer Universität würdige Diskussion anzustoßen. Wir möchten Sie weiterhin ermuntern, Ihren Namen unter diesen Brief zu setzen und den Brief innerhalb Ihrer Einrichtung und darüber hinaus zu verbreiten. 

Mit freundlichem Gruß

Philipp Eckstein
(Hiwi am Lehrstuhl für Internationale Politik)

Benedikt Strunz
(Hiwi am Büro der Gleichstellungsbeauftragten)

Ich gehöre zu den ErstunterzeichnerInnen, so wie viele verschiedene Studierende und Angestellte der Uni. Weitere Unterschriften sind gern gesehen, einfach in die Kommentare oder bei den Initiatoren melden ;-)